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Beyond: Two Souls – Der Spaß und Spiele Test

 

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Gratulation, David Cage.

Mit Beyond: Two Souls haben Sie die Kunst perfektioniert, diese Werke „interaktiver Fiktion“ zu präsentieren, die Sie seit gut einem Jahrzehnt machen. Sie haben die die Mechaniken so gestrafft, dass sie auf mich nur mehr reflexiv wirken. Sie steckten das ganze Spiel in einen 2.35:1 Rahmen und perfektionierten die Performance-Capture-Techniken, die Sie für Heavy Rain entwickelten und die Sie einsetzen, um Bewegungen und Mimik der Darsteller einzufangen. Sie schufen die besten Videospiel-Lichteffekte des Jahres. Sie engagierten wirklich gute, bekannte Schauspieler, die die von Ihnen erdachten Rollen so gut verkörpern, dass ich zum ersten Mal seit mehreren Spielen an den darstellerischen Leistungen nicht das Geringste auszusetzen habe.

Es stellt sich heraus, dass Ellen Page eine wirklich geniale Wahl für die Hauptrolle der Jodie ist, denn sie erfreut die Spieler mit einer schauspielerischen Leistung, wie man sie bisher noch nie in einem Spiel gesehen hat. Ich bin noch nicht bereit, sie als „die beste aller Zeiten“ zu bezeichnen, da das Spiel gerade erst erschienen ist, aber es wirkt so, als würde sie ein noch nie gesehenes Maß an Verletzlichkeit zum Ausdruck bringen. Sie muss unbedingt in mehr Spielen dabei sein.

Und die Mechaniken, oh, die Mechaniken. Die meisten Moves, die man ausführen muss, während man Jodie oder ihren geistartigen Freund Aiden steuert, kommen ohne Button Prompts (Hinweise, welche Buttons zu drücken sind) aus. Beyond bringt einem schon früh bei, wie man jedes „control scenario" handhaben muss, weshalb ich nach rund einer Stunde nicht mehr darüber nachdenken musste, was zu tun ist. Sicher, es gibt den gelegentlichen Kampf mit der filmartigen Kamera und vielleicht wäre es gut gewesen, in manchen Szenen einen Hinweis zu liefern, wohin der Spieler gehen soll, aber ansonsten funktioniert das Ganze sehr gut. Einige kleine Verbesserungen hier und da sollten ausreichen, um das Spiel in dieser Beziehung perfekt zu machen.

Da es Cage und Quantic Dream nun endlich gelungen ist, ein Spiel herauszubringen, dass man als Perfektion dessen bezeichnen kann, was sie mit den vergangenen Spielen erreichen wollten, weshalb ich mir mehr Gedanken über das machen kann, worauf man sich bei Videospielen, die rund um eine Story gebaut sind, konzentrieren sollte – die Story. Endlich muss ich mich nicht mehr über französische Schauspieler ärgern, die sich vergeblich bemühen, Amerikaner zu spielen.

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Aber während es Cage und Co. Endlich gelungen ist, uns einen nahezu perfekten Rahmen zu bieten, ist das, was sie in diesen Rahmen eingefügt haben, einfach nur scheußlich. Präsentiert wird uns das persönliche Drama einer jungen Dame, die von einer ätherischen „Wesenheit“ begleitet wird, die ihr anscheinend Superkräfte verleiht. Beyond wird mit der Zeit zu etwas ganz anderem als einem persönlichen Drama, genau wie Indigo Prophecy sich von der Aufklärung eines Mordes zur Alien-Apokalypse wandelt. Damit die Spieler sich nicht nur darüber ärgern können, dass sie schon wieder an der Nase herumgeführt werden, hat irgendjemand entschieden, dass es lustig wäre, die Szenen in willkürlicher Reihenfolge zu arrangieren.

Um fair zu bleiben: Dass die Szenen in sinnloser Reihenfolge präsentiert werden, verschleiert zumindest für eine Weile, wie dämlich der Plot ist. Wenn man nicht weiß, dass der Kontext für eine für eine aufregende Verfolgungsjagd völlig idiotisch ist, leidet der Spaß an der Action nicht unter diesem Wissen. Man lässt sich einfach darauf ein und hat sein Vergnügen.

Aber wenn die Puzzleteile nach und nach ein Ganzes zu ergeben beginnen, werden Sie erkennen, dass das Spiel nur eine lange Tangente repräsentiert: Cage „erfreut“ die Spieler aus heiterem Himmel mit Charakterisierungen, um gleich darauf diese neuen Charakterisierungen zu benützen, um etwas Seltsames geschehen zu lassen; außerdem greift er wieder zu vorhersehbar albernen Wendungen, die den Eindruck erwecken sollen, als wären sie von Bedeutung, aber Sie werden bald verstehen, dass das Ganze nur Bullshit ist.

Teil des Problems ist auch, dass die Geschichte, die Cage vorschwebt, viel zu weitschweifend ist, um in ein zehn Stunden dauerndes Videospiel gequetscht zu werden, aber da ist sie nun. Die Story ist so verwickelt und spitzt sich in diesen zehn Stunden so dramatisch zu, dass man das Gefühl bekommt, jemand hätte fünf Staffeln einer TV-Drama-Serie in dieses Videospiel gestopft. Beyonds Plot hätte mehr Zusammenhang gehabt, hätte man große Teile weggelassen und durch Klebstoff, Beton oder Sand ersetzt, auch wenn er dann noch immer schwere Defizite bei der Entwicklung aller Charaktere mit Ausnahme von Jodie aufgewiesen hätte.

Natürlich hätte man dazu die Story so neu arrangieren müssen, dass sie zumindest ansatzweise erzählerisch Sinn macht. So wie sie derzeit präsentiert wird, fehlt ihr jede erkennbare Linie: es gibt keinen zentralen Plot mit Rückblenden oder Sprüngen in die Zukunft, sondern es wird scheinbar zufällig in der Zeit herumgesprungen. Diese in sich selbst geschlossenen Vignetten ohne echten Kontext sind gelegentlich für sich allein charmant – mir fehlt da etwa jene ein, in der Jodie im Teenageralter auf eine Party geht, wo sich lauter richtige Arschlöcher herumtreiben -, aber wenn man zwei Drittel des Spiels hinter sich gebracht hat und noch immer mit Szenen ohne jeden Kontext konfrontiert wird, ist das frustrierend. Zum Beispiel: Jodie hat eine Verabredung mit Ihrem CIA-Betreuer, von dem wir nicht das Geringste wissen.

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Und dann ist da noch Aiden.

Zunächst ist er ein völliges Nichts. Zweitens spricht jeder seinen Namen falsch aus. Drittens, warum er überhaupt einen Namen hat, ist ein Rätsel, denn er/sie/es kann nicht sprechen – oder zumindest tut er dies nie. Man kann davon ausgehen, dass Jodie sich den Namen ausdachte, aber wie bei so vielen Dingen in Beyond wird dies nicht einmal ansatzweise erklärt. Wahrscheinlich haben die Entwickler nicht einmal darüber nachgedacht.

Warum mich so eine Kleinigkeit stört? Ich war bereit, seine rätselhafte Natur einfach so zu akzeptieren, doch das Spiel will das nicht, denn es befasst sich mit Aidens Herkunft, da „seine Welt“ im Plot eine wichtige Rolle spielt. Doch obwohl er ein fühlendes Wesen ist, ist und bleibt er ein unbeschriebenes Blatt und befolgt fasst ausschließlich Jodies Befehle.

Es gibt allerdings einen Co-op-Modus, in dem ein Spieler Jodie spielt und der andere Aiden. Hier wird Aidens unabhängiger Wille deutlicher erkennbar. Eine Persönlichkeit erhält er deshalb aber noch lange nicht.

Heavy Rain bot letztlich keinen guten Plot, aber es war doch eine angenehme Entwicklung, dass sich Cage nach dem bizarren Ende-der-Welt-Szenario von Indigo Prophecy erzählerisch deutlich zurückhielt. Dies stellte eine echte Verbesserung von einem Spiel zum nächsten dar, doch Beyond stellt erzähltechnisch einen gewaltigen Rückschritt dar, denn Cage bastelt erneut eine Geschichte zusammen, die viel epischer wird, als sie sein sollte, nur um sie dann in einer Reihenfolge zu präsentieren, die weder thematisch noch literarisch Sinn macht. Den Grund dafür kann ich mir nicht erklären.

Und so beweist Beyond , dass Quantic Dream, da man nun größten Wert auf die schauspielerischen Leistungen legt, in der Lage ist, ein Storyspiel mit minimalen Mechaniken zu produzieren, und dass man als Spieler diese Story-Spieler meiden sollte wie der Teufel das Weihwasser.

PRO: Die vielen Wahlmöglichkeiten im Spiel; die Emotionen, die Ellen Page einbringt; die vielen Innovationen, mit denen das Spiel aufwartet.

CONTRA: Die Chemie zwischen den Charakteren ist minimal; Jodies Gameplay ist alles andere als lohnend; das Skript und der Plot wirken wirklich schwach.

Abschließende Bewertung

Spiel: 3,5

Spaßfaktor: 4,0

Nachtrag: Wir sollten nicht vergessen, dass David Cage vor einigen Monaten sagte, dass “sequels kill creativity and innovation”  Beyonds Plot ist ein völliges Durcheinander, aber er ist wenigstens so anständig, in sich geschlossen zu sein. Er endet jedoch mit dem schamlosesten und absurdesten Setup für eine Fortsetzung, das in den letzten Jahren zu sehen war und das noch dazu völlig unnötig ist.

1 Kommentar:

  1. "CONTRA: Die Chemie zwischen den Charakteren ist minimal; Jodies Gameplay ist alles andere als lohnend; das Skript und der Plot wirken wirklich schwach."

    Also das habe ich ja nun mal GANZ anders empfunden. Die Story ist verdammt noch mal das beste an diesem Spiel überhaupt!

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