Ich bin zum Tod geworden, dem Zerstörer von Kisten.
Und Vasen. Und Skeletten. Und Bienen. Und, oh ja, riesigen, geifernden, grauenhaften Horrorgestalten aus der Hölle. Ich zerstörte auch etliche von denen.
Darksiders II beginnt ziemlich genau dort, wo Darksiders endete. In diesem Spiel löste der Krieg – gemeint ist der apokalyptische Reiter – die Apokalypse versehentlich vor der Zeit aus, wodurch alles, mehr oder weniger buchstäblich, zum Teufel ging. Aber das Ganze war eine Falle; andere Mächte nützten den Krieg für ihre Zwecke aus und er war, wenn auch nicht ganz unschuldig, bei weitem nicht so schuldig, wie es den Anschein hatte. Der Held von Darksiders II ist der Tod, der Bruder des Krieges und ebenfalls einer der vier apokalyptischen Reiter. Er versucht Licht in die Angelegenheit zu bringen und den „guten“ Namen seines Bruders wiederherzustellen. Um das zu erreichen, begibt er sich von einem Schauplatz zum nächsten und tötet alles, was er dort vorfindet. Mehr oder weniger.
In punkto Handlung macht das Spiel einfach nie mehr Sinn. Aber das ist in Ordnung. Darksiders II ist das Videospiel-Äquivalent eines Sommer-Blockbusters – und das ist nichts Schlechtes.
Darksiders II setzt voraus, dass Sie seine innere Logik nicht hinterfragen. Vieles davon ist bestenfalls angestrengt. Während ich spielte, erlebte ich etliche Konversationen in der Art von:
„Ich muss mich ins Land der Toten begeben.“
„Aber bist Du nicht der Tod?“
„Ja.“
„Also ist das nicht Dein…“
„Nein.“
„Aber…“
„Das ist eine dieser Frage, die Du nicht stellen solltest.“
„Also, Du bist in diesem Spiel unbesiegbar, nicht wahr?“
„Nein. Das ist meine Gesundheitsanzeige und ich habe auch Gesundheitstränke.“
„Aber wenn Du stirbst, wer tötet Dich? Und wenn Du stirbst, werden dann alle anderen unsterblich?“
„Weißt Du noch, was ich über das Fragenstellen sagte?“
Wie viele Actionfilm-Blockbuster ist auch dieses Spiel schön und unterhaltsam anzusehen, solange man die riesigen Logiklöcher nicht weiter beachtet. Das Spiel schließt einen Pakt mit Ihnen: Wenn Sie versprechen, nicht darüber nachzudenken, gibt es Ihnen die Mittel an die Hand, die Sie benötigen, um zu reisen, und liefert Ihnen die Gründe, bis zum großen Finale bei der Stange zu bleiben.
Darksiders war ein Flickwerk aus anderen Spielen, präsentiert in einem neuen Gewand. Darksiders II ist in vielen Belangen mehr davon. Die Standardwaffe des Todes, die Doppelsensen, wirken so sehr wie Kratos’ Armklingen, das ich einige Stunden brauchte, bis ich nicht mehr versuchte, Combos und Bewegungen einzusetzen, die aufgrund meiner vielen Stunden mit den God of War Spielen noch in meinem Muskelgedächtnis gespeichert waren.
Also. Für alle, die sich gefragt haben, was passieren würde, wenn man God of War mit Zelda kreuzt und dann ein wenig von der Ästhetik von Kingdoms of Amalur sowie Dungeons, die an Fallout 3 und Portal erinnern, hinzufügt: es kommt Darksiders II heraus.
Das Faszinierende ist, dass dieses Medley, wenn auch nach einem holprigen Start, wirklich funktioniert. Es dauert drei oder vier Stunden, bis diese verschiedenartigen Teile so richtig anfangen, eine Einheit zu ergeben. Es ist wie beim Backen. Wenn man bäckt, braucht es Zeit und Geduld, bis all die Zutaten in der Schüssel aufhören, Zutaten zu sein, und zum Teig werden. So verhält es sich auch mit Darksiders II.
Gewisse Elemente funktionieren nie wirklich. Ein Dungeon spät im Spiel – er ist auf der postapokalyptischen Erde angesiedelt – wirft plötzlich alles über den Haufen, was Darksiders II den Spieler in den vorangegangenen 16+ Spielstunden gelehrt hat. Der Umstand, dass der Dungeon in einer modernen, realen Umgebung voller zerstörbarer Autos angesiedelt ist, ist nicht das Problem. (Dies ist in Wahrheit eine sehr willkommene Abwechslung.) Die Mechanik wird jedoch völlig auf den Kopf gestellt. Es ist ein großes Areal ohne Klettermöglichkeiten, aber nicht einmal das ist wirklich störend. Das Problem besteht darin, dass der Tod all die tollen Waffen und Fähigkeiten, die er im Verlauf der vorangegangenen zwei umfangreichen Akte verbessert und aufgelevelt hat, nicht benützen kann, sondern mit einem plumpen, zweihändigen Engelsmaschinengewehr vorlieb nehmen muss, das das Unternehmen jeder anderen Aktion schwieriger macht, als es sein müsste. Man legt das Maschinengewehr beiseite, öffnet eine Truhe, hebt die Gegenstände auf, nimmt das Maschinengewehr wieder zur Hand, bewegt sich nach links, tötet zwei Kreaturen, legt das Maschinengewehr beiseite, tötet die anderen 20 Kreaturen im Nahkampf, hebt das Maschinengewehr auf… Diese Waffe ist eine frustrierende Erfahrung in Sachen „Ideen, die in der Theorie besser aussehen als in der Praxis“. Dennoch versuchte das Spiel wenigstens, dieses Problem zu mindern, indem es ständig neue Schusswaffen bereitstellte, als hätte es geahnt, dass ich sonst aufgegeben und meine Schusswaffe im Staub zurückgelassen hätte.
Abgesehen von Ausnahmen wie Salvation (das ist das Maschinengewehr) sind die Tools, die Darksiders II in jedem neuen Areal bereitstellt mehr als brauchbar. Und das lässt sich auch von den neuen Mechaniken sagen, die im Laufe des Spiels in ziemlich regelmäßigen Abständen hinzukommen – ein Haken zur Fortbewegung, die Fähigkeit, an zwei Orten zugleich zu sein, und so weiter -: sie ergänzen einander recht gut, sorgen für Abwechslung und erleichtern das Vorankommen durch die Dungeons und von Akt zu Akt und bleiben das ganze Spiel hindurch nützlich.
Zunächst wollte ich Darksiders II hassen, weil es nur Dinge bietet, die man schon aus anderen Spielen kennt, aber nach ungefähr vier Stunden wuchs mir der Tod unerwartet ans Herz. Die gestohlenen und geborgten Teile ergaben plötzlich ein unterhaltsames Ganzes. Zunächst meint man: „Das ist wie Zelda, nur mit einem knurrenden, mürrischen Mann in schlechter World of Warcraft Rüstung.“ Aber nach ungefähr vier Stunden des Spielens meint man plötzlich: „Das ist toll! Es ist wie Zelda! Aber mit einem knurrenden, mürrischen Mann in schlechter World of Warcraft Rüstung!“
Über Darksiders II lässt sich wohl am besten sagen, dass es stiehlt, aber gut stiehlt.
Leider machen besonders auf der PlayStation 3 Bugs das Spiel nahezu unspielbar. Die PC- und Xbox 360-Versionen sind in dieser Beziehung besser gelungen. Aber auch wenn man nicht mit Bugs zu kämpfen hat, funktioniert das Spiel nicht immer wirklich gut. Manche Rätsel sind stumpfsinniger, als sie sein sollten, und mitunter bleibt man dabei, auch wenn sie theoretisch funktionieren, in der Praxis stecken. Außerdem wurde absichtlich viel nervendes Backtracking eingebaut. Das Tauschen von Tools und Skills kann mühsam sein und gewisse Abschnitte gegen Ende sind zu langatmig, verlangsamen die Action und werden so langweilig. Es ist zu viel Pixel-Hunting involviert, wenn man Aktionen vornehmen will: es kann frustrierend werden, den exakt richtigen Punkt zu finden, an dem man stehen muss, um die Option für eine Handlung zu erhalten.
Aber wenn es funktioniert, ist es eine glorreich alberne Tollerei, die viel unterhaltsamer ist, als sie von Rechts wegen sein dürfte. Wenn der Spieler endlich einige Sensen-Combos und Spezialfähigkeiten erlernt hat, sind die Kämpfe sehr befriedigend, und die Möglichkeit, Waffen und Ausrüstung dem eigenen Spielstil anzupassen und Skills auszuwählen, sollte gewährleisten, dass jeder Spieler Spaß an den Kämpfen hat. Als das doch ziemlich vorhersehbare Ende immer näher rückte, merkte ich, dass ich den Tod wirklich mochte.
Auf PC und Xbox 360 ist das Spiel ein unterhaltsames, wenn auch leicht verdauliches Sommervergnügen, während die unzähligen Bugs die PS3-Version derzeit zu einem frustrierenden Alptraum machen.
PRO: Das neue verbesserte und tiefgehende Kampfsystem; die exzellente Balance von Kämpfen, Erforschen und Dungeon-Crawling; die zumeist herausfordernden und befriedigenden Dungeon-Rätsel.
CONTRA: Will man halbwegs flüssig spielen, muss man das Spiel auf den Konsolen unbedingt installieren; der Zwang, das Schnellreisesystem zu benützen; Tutorial-Pop-ups ersetzen Mark Hamills „Watcher“-Begleiter aus dem ersten Spiel.
Abschließende Bewertung
Spiel: 8,0 (PS3 derzeit 3,5)
Spaßfaktor: 8,5
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